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Die Theologie des Kirchenrechts

In seinem jüngsten Handbuch schlägt Kardinal Rouco Varela eine Vision des Kirchenrechts als theologischen Ausdruck der Kirchengemeinschaft vor.

José Carlos Martín de la Hoz-26. Mai 2025-Lesezeit: 4 Minuten
Kirchenrecht und Theologie

Der emeritierte Kardinalerzbischof von Madrid, Antonio María Rouco Varela (Villalba, Lugo, 1936), hat im Laufe seines Lebens eine intensive und fruchtbare pastorale Arbeit in verschiedenen Diözesen geleistet.

Wir möchten nun auf sein akademisches Leben zu sprechen kommen, in dem er sich sehr für das Kirchenrecht und insbesondere für einen speziellen und sicherlich neuartigen Zweig dieses Rechts, die "Theologie des Kirchenrechts", eingesetzt hat. Ein bahnbrechendes Fach in der Kanonistik und wirklich mit der Lehre und dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils und seiner Anwendung auf die Probleme und Schwierigkeiten des heutigen Christentums übereinstimmen.

Es ist logisch, dass sich bei der Entwicklung des Kirchenrechts im Laufe seines Bestehens und bei seiner Anwendung auf das Leben der Kirche, der Gläubigen und der kirchlichen Einrichtungen neue Fragen und komplizierte rechtliche Probleme ergeben haben, denn die Kirche hat einen göttlichen Ursprung, besteht aber aus Menschen mit Rechten und Pflichten.

Dimensionen der Kirche

Gerade die Tatsache, dass die Kirche Teil der Zivilgesellschaft ist - weil sie in ihr lebt und handelt - und gleichzeitig zur Welt Gottes gehört - aufgrund ihrer Ziele und ihrer von Jesus Christus empfangenen Handlungsweise - ist, wie der heilige Augustinus bekräftigte, eines ihrer wesentlichen Merkmale. Die Kirche muss daher das Natürliche und das Geistige, das Theologische und das Juristische miteinander verbinden, und zwar aus der Perspektive der christlichen Anthropologie und der Geschichte, in der sich das Heil des Menschengeschlechts vollzieht.

In diesem interessanten Werk bringt Rouco Varela wichtige theologische Fragen für eine solide Grundlage des Kirchenrechts zur Sprache, wie den Begriff der Kirche, die Würde der menschlichen Person als Ebenbild Gottes und die Beziehungen innerhalb der Kirche als Familie Gottes und als Institution (S. 33).

Gleichzeitig erinnert uns Kardinal Rouco daran, dass das Kirchenrecht angesichts der Provokation der Moderne (S. 116), die der Rechtspositivismus im Zivilrecht darstellt, nicht auf die juristische Praxis in den Beziehungen innerhalb und außerhalb der Kirche und in der Ausübung der Rechte und Pflichten der Christen reduziert ist.

Eine Theologie, die Recht schafft

Professor Rouco Varela hat daher in diesem Band des BAC im Rahmen der Sammlung der Handbücher zum Kirchenrecht "Sapientia iuris" verschiedene Forschungsartikel gesammelt, die er in verschiedenen Fachzeitschriften in Spanien und Europa zur Theologie des Kirchenrechts veröffentlicht hat.

So wird unser Professor in diesem Werk mit großem Geschick verschiedene juristische Fragen beleuchten, die sich im Laufe der Geschichte gestellt haben, um zu zeigen, wie durch den Beitrag der Theologie eine wahre und tiefgreifende juristische Lösung gefunden werden kann. Rouco Varela wird in diesem Handbuch mehrfach eine Aussage des Kanonisten Mörsdorf bekräftigen: "Das Kirchenrecht ist eine theologische Disziplin mit einer juristischen Methode" (S. 140).

Wir wollen nun eine juristische Frage aufzeigen, die von der Theologie gelöst wurde, damit der Leser einen Eindruck davon bekommt, wie die Theologie des Kirchenrechts in der Praxis und in der Theorie die Fragen des Kirchenrechts gelöst hat.

Ein Beispiel

Wir entnehmen es Rouco Varela selbst, wenn er behauptet, dass eines der großen Lichter des Konzils in den Apostolischen Konstitutionen "..." enthalten sei.Lumen Gentium"(Rom, 21.XI.1964) und "Gaudium et spes" (Rom, 7.XII.1965), ist das Konzept der Kirche der Gemeinschaft. Dieser Aspekt wurde im Katechismus der Katholischen Kirche, im späteren Lehramt der Kirche und insbesondere in den theologischen Werken des Heiligen Vaters Benedikt XVI. ausführlich behandelt.

Man kann mit Fug und Recht sagen, daß der Codex des kanonischen Rechts von 1983 der juristische Ausdruck der Theologie der Gemeinschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils ist: "Die Kirche ist in Christus Sakrament oder Zeichen und Werkzeug der innigen Vereinigung mit Gott und der Einheit des ganzen Menschengeschlechts" (LG Nr. 1).

Auch im Proömium von "Gaudium et spes" heißt es: "Die christliche Gemeinschaft besteht aus Männern und Frauen, die, in Christus versammelt, vom Heiligen Geist auf ihrem Pilgerweg zum Reich des Vaters geleitet werden und die frohe Botschaft des Heils empfangen haben, um sie allen zu verkünden" (GS, Nr. 1).

Schließlich sei darauf hingewiesen, daß die Ekklesiologie der Gemeinschaft auch im Katechismus der Katholischen Kirche zum Ausdruck kommt: "In der einen Familie Gottes, die alle Kinder Gottes und Glieder derselben Familie in Christus sind, antworten wir auf die innige Berufung, indem wir uns in gegenseitiger Liebe und im gleichen Lobpreis der Heiligen Dreifaltigkeit vereinen" (Nr. 959).

In grundlegenden Fragen wie der eben aufgeworfenen spiegelt sich die eine wahre göttliche und menschliche Wirklichkeit der Kirche und ihrer Gläubigen als Menschen, die mit der Würde ausgestattet sind, durch die Taufe zu Kindern Gottes und der Kirche berufen zu sein, in der Einheit wider (77). 

Gerade die Kirche der Gemeinschaft wird theologisch über die Vision von Pius XII. in seiner Enzyklika "Mystici corporis" (Rom, 12.VI.1943) hinausgehen, denn für das Kirchenrecht ist die Theologie der Gemeinschaft leichter in der Rechtsordnung auszudrücken und wird eine Beziehung der menschlichen Person zu Gott und zur Autorität der Kirche betonen. 

Es ist von großem historischem Interesse, mit Rouco Varela an die Zeit der nachkonziliaren Periode als eine Zeit des "hoffnungsvollen kirchlichen Frühlings" und auch der "weit verbreiteten Disziplinlosigkeit", besonders in einigen Teilen Europas, zu erinnern, weshalb die Promulgation des Codex des kanonischen Rechts von 1983 zu einem günstigen Zeitpunkt erfolgte, als der heilige Johannes Paul II. das wahre Zweite Vatikanische Konzil in der Weltkirche durch seine Schriften, seine Regierung und seine Reisen anwendete (144). So erinnert uns Rouco an die Worte von Mörsdorf: "Das Kirchenrecht ist 'ordinatio fidei'" (147).

Die Theologie des kanonischen Rechts

AutorAntonio María Rouco Varela
Leitartikel: BAC
Jahr: 2024
Anzahl der Seiten: 269

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